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Anna, Håkon und höhere Gangarten – Womit du den Durchbruch wahrscheinlicher machst

 
Wie jedes Mal, bevor wir uns in die Einheit begeben, sprechen wir mit Anna kurz darüber, wie es in der letzten Zeit mit Håkon gelaufen ist.

Dabei wollen wir gar nicht erfahren, welche Fortschritte die beiden gemacht haben und ob sie das geübt haben, was wir in der letzten Einheit, erarbeitet haben.

Was uns wirklich interessiert ist, was sie heute von uns brauchen. Was sich in ihrer Beziehung an Themen gezeigt hat. Welche Emotionen und Gedanken aufgetaucht sind.
 

Wir wollen erfahren, was jetzt gerade gesehen werden will.

 
 

Wenn Phasen sich ihrem Ende neigen

Die letzten Monate haben wir gemeinsam die Grundlage für die gymnastizierende Bodenarbeit am Kappzaum erarbeitet. Mit einer Konzentration, die für ein Jungpferd erstaunlich ist, hat Håkon sich eingebracht, aber auch Anna geduldig den Raum gegeben, den sie gebraucht hat, um ihre eigene Balance zu erforschen.

Heute erzählt sie uns, dass Håkon in den letzten Einheiten immer unmotivierter wurde. Dass er manchmal weggegangen ist, wenn sie ihn vom Paddock holen wollte und er sich viel Richtung Ausgang der Reithalle orientiert hat.

Es ist leicht, in solchen Momenten alles zu hinterfragen, was man bisher getan hat. Was ist falsch gelaufen? War die Arbeit zu langweilig? Ist Kappzaumarbeit generell nichts für uns? Habe ich mein Pferd überfordert?

Es ist leicht, sich von solchen Erfahrungen stressen zu lassen.

Wir wissen aber, dass alles seine Zeit hat. Dass alles in Phasen verläuft. Dass es Höhe- und Tiefpunkte gibt.

Deshalb begeben wir uns nicht in dieses Labyrinth an Fragen. Håkon zeigt uns, dass diese erste lange Phase der fokussierten Kappzaumarbeit, in der er viel Rücksicht auf seinen Menschen genommen hat, sich nun dem Ende neigt.

Und das ist okay.
 
 

In die nächste Phase übergehen

Wenn wir damit okay sind, statt uns viele Sorgen zu machen, können wir ganz leicht in die nächste Phase übergehen – immer das als Geschenk annehmend, was uns die Pferde gerade anbieten.

Also schlage ich vor, dass wir heute mal die Poolnudel mitnehmen könnten. Etwas, das Anna und Håkon schon ziemlich lange nicht mehr ausprobiert haben. Aber ich spüre, dass es den beiden guttun wird, den Fokus mehr nach außen zu lenken, frei experimentieren zu können und weniger im Rahmen „gesunder Bewegung“ und mehr in Richtung Spiel zu interagieren.

Håkon ist sichtlich begeistert von diesem Vorschlag. Er ist voll dabei. Folgt der Poolnudel, probiert sich an den ersten Schritten Pantherwalk und lässt sich in die verschiedensten Bewegungen einladen.

Kein Schimmer des Desinteresses mehr. Es tut ihm gut, dass wir hier wieder mehr Raum für seine Bedürfnisse und Gefühle schaffen. Ihn für das feiern können, was er so toll macht und weniger darauf konzentriert sind, in körperliche Balance zu kommen, Hilfen richtig zu timen oder Bewegungen zu analysieren.

Wenn etwas nicht mehr so gut klappt, wie es mal war, dann bedeutet das nicht, dass wir dafür unbedingt und sofort eine Lösung finden müssen. Ganz im Gegenteil besteht die Lösung oft darin, einfach mal etwas ganz anderes zu machen und das Problem liegen zu lassen.
 

Denn diese „Probleme“ sind oft nur Phasen, die zu Ende gehen, um bald schon ganz von selbst von Neuem zu beginnen.

 
Ganz ohne, dass wir uns darüber den Kopf zerbrechen müssen.
 
 

Akzeptieren oder daran arbeiten?

Eine Sache, die für Anna und Håkon lange nicht funktioniert hat, waren höhere Gangarten als Schritt in der Reitbahn. Im Gelände war das alles kein Problem – was zeigt, dass Håkon nicht einfach ein Energiesparer ist, den man schwer zu mehr Tempo motivieren kann.

Wir haben in all den Monaten, die wir schon zusammenarbeiten, kaum einen Gedanken daran verschwendet. Wir haben das gemacht, was ging – also einfach im Schritt gearbeitet. Und auch Anna hat immer mehr zu akzeptieren gelernt, dass die Zeit für höhere Gangarten noch nicht gekommen war.

Diese Art der Akzeptanz kann so schwer sein.

Wahrscheinlich hast auch du ein ziemlich genaues Bild von dem, was du dir von deinem Pferd wünschst. Was es im Training tun soll, was du erarbeiten willst.
 

Aber manchmal rücken diese Ziele umso weiter in die Ferne, je verzweifelter wir versuchen, sie wahr zu machen.

 
Je mehr wir es wollen, je nachdrücklicher wir es versuchen, desto schwieriger wird es.

Dass es anders herum zwar weniger intuitiv, aber dafür umso leichter geht, dürfen wir in der nächsten Einheit mit Anna und Håkon erleben.

Die letzten Tage haben die beiden mit spielerischer Freiarbeit verbracht – und dabei einen großen Durchbruch erlebt: Plötzlich, nach all den Monaten und ohne daran gearbeitet zu haben, töltet und trabt Håkon in der Reithalle. Ohne Druck und ohne kleinschrittige Bestärkung.

Tatsächlich traben die beiden nicht nur ab und an ein paar Schritte, sondern verbringen fast unsere gesamte Unterrichtseinheit ohne größere Pausen in den höheren Gangarten. Als wäre es nie ein Thema gewesen, schlägt Håkon immer wieder von sich aus diese Bewegung vor und Anna muss einfach nur annehmen und mitgehen.

Ich sage noch lachend, dass wir dann das nächste Mal am Galopp arbeiten können und keine ganze Runde später macht Håkon seinen ersten Galoppsprung.

Wir sprudeln alle über vor Begeisterung 😍.
 

Manchmal kann es so einfach sein. Besonders dann, wenn es zuvor so schwer war.

 
 

Sternstunden möglich machen

Das sind die Sternstunden, die wir möglich machen, wenn wir loslassen. Wenn wir aufhören, alles SO SEHR zu wollen. Wenn wir aufhören, uns alles hart erarbeiten zu wollen und stattdessen mit dem Flow gehen.
 

Wenn wir uns selbst ebenso wie unseren Pferden wirklich aus tiefstem Herzen zugestehen, sich Zeit zu lassen.

 
Urvertrauen in die Tatsache, dass sich alles entwickeln wird. Dass sich der Weg vor uns entfalten wird, wenn wir ihn nur lassen.

Das bedeutet auch, uns einzugestehen, dass wir nicht über alles die Kontrolle haben. Was beängstigend ist. Aber zugleich auch wunderschön, weil es bedeutet, dass wir so so vieles gar nicht kontrollieren müssen, weil es uns geschenkt wird.

Musst du wirklich jetzt sofort eine Lösung finden? Manchmal vielleicht, ja.

Aber du musst dein Pferd nicht jetzt sofort einreiten.

Du musst deine Angst nicht jetzt sofort überwinden.

Du musst nicht jetzt sofort wissen, was es braucht, damit dein Pferd richtig Spaß am Training hat.

Es ist okay, auch wenn es gerade nicht so ist, wie es „optimal“ wäre. Wenn es nicht so ist, wie es in deiner Vorstellung sein sollte.

Hab Vertrauen. Lass los. Spür mal rein, wie es wäre, wenn du all das nicht SO SEHR wollen würdest. Kannst du dir eine Pause davon nehmen, es SO SEHR zu wollen?

Wie Rilke in einem Brief an Franz Kappus schreibt:

„Sie sind so jung, so vor allem Anfang, und ich möchte Sie, so gut ich es kann, bitten, lieber Herr, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein.“

Lebe die Fragen, freue dich auf die Antworten. Sie kommen so oft ganz von allein.
 

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