In diesem Artikel behandeln wir folgende Themen:
- Was ist das Poolnudeltarget?
- Über den Einsatz des Poolnudeltargets
- Exkurs – Pantherwalk
- Wie wir die Motivation unserer Pferde stärken
Wenn wir dieses simple Stück Schaumstoff und die Crunches nicht gehabt hätten, ich weiß nicht, ob wir uns heute Gedanken über Gymnastizierung machen würden. Ob wir inzwischen mehr Schwierigkeiten damit hätten, weniger Bewegung zu bekommen statt mehr. Und ob wir wohl diese Leichtigkeit des Vorwärts erleben dürften, in der man keine Angst hat, einen Click zu verpassen oder dass das Pferd “ausgeht” – weil die grundlegende Motivation sich gemeinsam zu bewegen eben ganz einfach da ist. Vielleicht würden wir stattdessen immer noch die meiste Zeit gemeinsam rumstehen, darauf hoffend, dass sich die Motivation für gemeinsame Bewegung bei Nathan irgendwann von selbst einstellt.
Für Nathan und uns haben die Crunches und die Arbeit mit dem Poolnudeltarget im Bezug auf die Bewegungsmotivation den entscheidenden Unterschied gemacht. Aus einem trägen, ständig gelangweilt wirkenden Pony wurde ein kleiner Flummi, der mit uns über den Reitplatz hüpft. Inzwischen hat dieser Flummi sogar gelernt, das ruhige Bewegung Freude machen kann.
Damit dir das auch gelingt, möchte ich dir heute ein Werkzeug mit an die Hand geben, dass dir dabei helfen kann, auch dein Pferd endlich zur freiwilligen Bewegung zu motivieren.
Denn kein Pferd ist faul. Den meisten fehlt schlicht das Gefühl, dass Bewegung Spaß machen kann.
Was ist das Poolnudeltarget?
Ein Target ist ein Element aus dem Clickertraining. Dabei handelt es sich um ein Zielobjekt, auf welches das Pferd sich zubewegen soll. Alles, worauf ich mich in diesem Artikel beziehe sollte mit dem Clickertraining erarbeitet werden, denn es geht nicht nur darum, dass das Pferd später ein bestimmtes Verhalten zeigt. Ziel ist, dass das Pferd echte Freude an der Aufgabe und Zusammenarbeit entwickelt.
Diese Motivation wird bei Pferden, die sich bisher ungern bewegen mit negativer Verstärkung nur schwer zu erreichen sein.
Falls du dich bisher noch nicht mit dem Clickertraining beschäftigt hast, geben dir diese Artikel einen Einstieg:
Basics Clickertraining: Präzises Pferdetraining mit dem Markersignal
Basics Clickertraining: Konditionierung
Basics Clickertraining: Höflichkeit und Futterlob
Beim Poolnudeltarget handelt es sich einfach um eine bestimmte Form dieses Zielobjekts: Ein Stück Poolnudel, das z.B. auf eine lange Gerte oder einen Bambusstab gesteckt wird.
Basteltipp: Du kannst ein Poolnudeltarget ganz einfach selbst basteln. Schneide ein etwa 40cm langes Stück Poolnudel ab. Nun kannst du einfach einen Bambusstab längs hineinstecken. Für besseren Halt kannst du das Poolnudelstück auch auf ca. 30cm der Länge nach einschneiden. In den Schnitt legst du dann deine Gerte, ein Peitschenende oder einen Bambusstab. Zum Schluss ziehst du oben und unten jeweils einen Kabelbinder fest um die Poolnudel.
Über den Einsatz des Poolnudeltargets
Das Besondere am Poolnudeltarget ist, dass es aufgrund seiner Größe und Form sehr gut mit den Vorderbeinen des Pferdes berührt werden kann. Für die Bewegungsmotivation der Pferde scheint es einen großen Unterschied zu machen, ob sie ein Target mit ihrer Nase oder mit ihren Beinen erreichen sollen.
Wenn du das Poolnudeltarget als Zielobjekt für die Vorderbeine einsetzen möchtest, dann solltest du eines beachten:
Bestärke dein Pferd nicht, wenn es die Poolnudel mit der Nase berührt.
Wenn du die Berührung mit der Nase zuerst bestärkst, dein Pferd das Target dann aber mit dem Vorderbein berühren soll, ergibt sich daraus meist eine rollkurähnliche Bewegung. Dabei kommen Nacken und Halswirbelsäule des Pferdes in eine übermäßig gestauchte Haltung, die den Rückenschwung blockiert und damit die Tragfähigkeit des Pferdes schwächt – somit sollte dieses Muster nicht auf Dauer bestärkt werden.
Bei der Gymnastizierung haben wir oft mit dem Problem von zu viel Schubkraft und zu wenig Tragkraft zu kämpfen. Wenn du mehr darüber erfahren willst, folge einfach diesem Link: Über Schub- und Tragkraft in der Pferdeausbildung
Exkurs – Pantherwalk
Was ist der Pantherwalk?
Beim Pantherwalk handelt es sich um eine Übung, die von Kathy Sierra entwickelt wurde, um die funktionelle Bewegung des Pferdes wiederherzustellen und intrinsische Motivation auch im Schritt zu ermöglichen. Da das Poolnudeltarget häufig zu dem Zweck eingesetzt wird, den Pantherwalk zu erarbeiten, möchte ich an dieser Stelle kurz auf diese Übung und unsere Erfahrungen und Gedanken dazu eingehen.
Der Pantherwalk ist ein übertrieben langgezogener Schritt. Dabei hebt das Pferd die Vorderbeine ähnlich wie im Spanischen Schritt besonders hoch, und greift weit nach vorn. Anders als der Spanische Schritt ist der Pantherwalk jedoch keine versammelte Lektion.
Diese Bewegung soll das Pferd vor die Herausforderung stellen, an die Grenzen seiner Bewegungsmöglichkeiten zu gehen. Jeder Schritt wird dadurch zur Herausforderung für die Balance des Pferdes und soll Propriozeption, Mobilität und Stabilität verbessern.
Pantherwalk – Mögliche Nebenwirkungen
Nathan besitzt eine gute Grundlage von funktionellen Bewegungen. Er bringt von Natur aus sehr viel Beweglichkeit, vor allem in der Hinterhand mit. Er kann seine Gelenke sowohl maximal beugen als auch maximal strecken – jedoch ist sein natürliches Bewegungsmuster extrem schublastig. Das bedeutet, er (über)streckt die Gelenke seiner Hinterhand lieber und schiebt sich auf die Vorhand, statt sie zu beugen und somit sein Gewicht gleichmäßig mit der Vor- und Hinterhand zu tragen.
Der Pantherwalk fordert vom Pferd durch die übertrieben langen Schritte sehr viel Balance – allerdings auf Kosten der gesunden Kraftübertragung von hinten nach vorne. Die Hinterhand gerät stark ins Schieben, wodurch die Oberlinie und der Rücken des Pferdes angespannt werden. Das Pferd muss die Vorhand also rein aus der Schulter-, Rumpf- und Halsmuskulatur nach oben ziehen. Die Hinterbeine schieben währenddessen das ganze Gewicht immer weiter nach vorne, auf die Vorhand. Bei Nathan hat das zur Überlastung des breiten Rückenmuskels, zur Verstärkung seines Unterhalses und zu Spannung in der Lendenregion geführt.
Zur Verbesserung seines natürlichen Bewegungsmusters ist der Pantherwalk also kein geeignetes Werkzeug. Da wir den Pantherwalk auch nicht mehr benötigen, um Motivation zu erlangen oder um funktionelle Bewegung wiederherzustellen, verzichten wir mit Nathan auf diese Übung.
Wann wir den Pantherwalk dennoch wieder einsetzen würden
Unserer Ansicht nach handelt es sich beim Pantherwalk nicht um eine Bewegung, die das Pferd über längere Zeit allzu häufig zeigen sollte. Es ist aber eine Möglichkeit, um Pferden die Idee stolzer und flüssiger Bewegung zu vermitteln. Auch ohne, dass man selbst ein Meister der Reitkunst ist und das viel subtiler, feiner und “korrekter” erzielen kann.
Außerdem halte ich es durchaus für möglich, dass viele Pferde durch den Umgang mit dem Menschen, die Haltungsbedingungen und das Training Einschränkungen ihrer Bewegungsfähigkeiten entwickeln, welche gelöst werden können, wenn wir sie vor neue Bewegungsherausforderungen wie den Pantherwalk stellen.
Wenn wir also bei einem Trainingspferd den Eindruck haben, dass die Repräsentation des Nervensystem über den Körper sehr schlecht ist und das Thema gymnastizierende Bewegung im Geiste des Pferdes negativ verknüpft ist, nutzen wir gern Elemente wie den Pantherwalk. So können wir uns der Bewegung aus einer Richtung annähern, die für das Pferd noch nicht vergiftet ist. Mit anderem Equipment, neuen Spielregeln und der Freiheit, einfach mal zu machen, ohne dabei ständig beurteilt zu werden.
Wie wir das Wie verändern und die Motivation unserer Pferde stärken
Egal, woran du mit dem Poolnudeltarget arbeitest, die grundlegende Aufgabe für dein Pferd bleibt immer dieselbe: Folge dem Target.
Was sich verändert ist, wie dein Pferd das genau tun soll.
Wenn es dir schwer fällt, dieses Wie zu verändern, erinnere dich daran, dass wir immer das bekommen, was wir clicken.
Wenn du immer dasselbe clickst, weil du Angst hast, dass dein Pferd “ausgeht” wenn du darauf wartest, dass es dir etwas anderes anbietet, dann wirst du auch immer dieselbe Art der Bewegung bekommen.
Dabei müssen wir meist gar nicht lange warten, bis die Pferde uns eine Veränderung anbieten. Diese Veränderung ist meist nur so klein, dass wir sie schnell übersehen. Halte also bewusst Ausschau nach den winzig kleinen Veränderungen – nach diesem kleinen Moment, in dem dein Pferd minimal schneller wird oder den Kopf ein bisschen höher trägt oder in dem es vielleicht auch nur ein bisschen wacher ausschaut.
Wenn wir ein bisher eher “faules” Pferd motivieren wollen, dann geht es nicht darum, viel aus diesem Pferd herauszukitzeln. Es geht darum, dem Pferd zu zeigen, dass es fähig ist, ein klitzekleines bisschen Mehr zu geben. Darum, dass das Pferd beginnt auszuprobieren. Darum, dass es wieder an sich und seine Fähigkeiten glaubt und daran, dass das Training Spaß machen kann. Und diese Erkenntnis erfolgt meist in vielen vielen kleinen Schritten – indem wir dem Pferd täglich aufs Neue beweisen, dass wir nicht mehr fragen, als es leisten kann.
Du darfst dich also mit ganz ganz wenig zufrieden geben und die Anforderungen langsam steigern. Aber sei vorsichtig damit, dich mit gar nichts zufrieden zu geben und aus Mitleid oder Angst für etwas zu clicken, das eigentlich nicht der Erfahrung entspricht, die du deinem Pferd erschaffen möchtest.
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2 Comments
Ich bin gespannt, ob ich damit bei Parcival was erreichen kann. Bisher findet er es noch nicht so toll. Ein Target mit der Nase zu berühren und zu folgen ist für ihn gar nichts. Mal schauen, ob es für ihn auch einen Unterschied macht, wenn er es mit dem Bein berühren soll. Bisher hält sich seine Begeisterung noch sehr in Grenzen.
Liebe Grüße
Miriam
Ich drücke euch die Daumen! Manchmal braucht es auch etwas Geduld. Dann würde ich versuchen, das Training immer zu beenden, bevor das Pferd das Interesse verliert.
Liebe Grüße
Anni