Es kommt mir später vor, als es ist. Wahrscheinlich, weil wir am frühen Abend im Winter auf den Bus warten. Ich bin unterwegs mit meiner Cousine und ihren Freundinnen. Eine verteilt CapriSonne. Und dann…
…lassen alle ihre Strohhalmverpackung lässig zu Boden fallen 🍂.
Ich bin 13 oder 14. Die anderen mindestens zwei Jahre älter und um WELTEN cooler. Was nicht nur mit meiner schrecklichen Winterjacke in Babyblau zu tun hat. Sondern auch damit, dass Situationen wie diese für mich regelmäßig ein Dilemma sind:
Gehe ich zum Mülleimer?
Wäre ich allein, würde ich mir die Frage keine Sekunde stellen. Natürlich wirft man seinen Müll nicht auf den Boden. Aber hier und jetzt… Ist das nicht mega peinlich, als Einzige zum Mülleimer zu gehen?
Natürlich könnte ich das Papierchen auch unauffällig in meiner Jackentasche verschwinden lassen und später wegbringen. Aber um so weit zu denken, bin ich definitiv nicht gechillt genug 🥴.
Letztendlich tue ich das, was ich immer tue und weshalb ich mich in Gruppen latent unwohl fühle: Das, was ich für richtig halte. Auch wenn es Aufmerksamkeit auf mich zieht, die ich echt nicht haben muss.
Ich gehe zum Mülleimer.
Als ich mich wieder umdrehe liegen drei Paar große Augen auf mir und eins der Mädels fragt, ob ich tatsächlich gerade aufgestanden und zum Mülleimer gegangen bin 😳. Wenn ich könnte, würde ich mich gern in Luft auflösen.
Es ist eine Sache, mit 13 zum Mülleimer zu gehen, während die Älteren ihren Abfall lässig auf den Boden fallen lassen.
Es ist eine Sache, mit 13 dazugehören zu wollen – aber nicht das tun zu wollen, was nötig wäre, um dazu zu gehören.
Es ist eine ganz andere Hausnummer,
sanft und leise mit deinem Pferd umzugehen
Freude auf beiden Seiten statt Leistung zum Maßstab zu machen
vermeintliche Respektlosigkeit durchgehen zu lassen
und empfindsam zu sein, wo andere mit harter Hand durchgreifen 🤍.
Es ist eine ganz andere Hausnummer, ein echtes Miteinander mit deinem Pferd zu leben, wenn du umringt bist von Reiter*innen, für die der konventionelle Umgang ganz normal ist.
Wünschst du dir eine Beziehung auf Augenhöhe mit deinem Pferd?
Dann möchte ich eine Idee mit dir teilen.
Eine Sache, in der du dich vorher üben kannst.
In der wir sensiblen Seelen uns alle immer weiter üben dürfen.
Das eigentliche Problem, wenn du deinem Pferd mehr Mitspracherecht geben willst
Sobald du entscheidest, deinem Pferd mehr Mitspracherecht zu geben, wirst du immer wieder vor dem Mülleimermomenten stehen. In Mülleimermomenten können wir aus drei Möglichkeiten wählen:
Möglichkeit 1: Aufstehen und das Papierchen zum Eimer bringen:
Du bleibst dir selbst und deinem Weg treu. Auch wenn das deinem Umfeld (vielleicht sogar deinen Freund*innen oder deiner Familie) missfällt und du dich dadurch von der Gruppe entfernst.
Möglichkeit 2: Das Papierchen auf den Boden werfen.
Du tust das, was von den anderen anerkannt und respektiert wird. Das, wodurch du weiterhin dazugehören kannst.
Möglichkeit 3: Das Papierchen möglichst unauffällig in deiner Tasche verschwinden lassen und später wegwerfen. Hoffentlich hat’s keiner gesehen.
Du machst ein Zwischending und versuchst, deinen Weg zu verstecken und nicht aufzufallen.
Ob du die Werkzeuge, Strategien und das Wissen für einen sanften Umgang hast, ist auch wichtig. Aber im ersten Schritt ist das die entscheidende Frage:
Traust du dich, du selbst zu sein? Auch wenn andere das nicht gut heißen und aktiv kritisieren.
Was du praktisch tun kannst
Bevor du beginnst, deinem Pferd mehr und mehr auf Augenhöhe zu begegnen – beginne bei dir selbst.
Beginne damit, dich selbst wichtiger zu nehmen. Dich nach deinem eigenen Gefühl, deiner eigenen Sicht auf die Dinge, deiner eigenen Version von richtig und falsch (oder wahr und wertvoll) zu befragen.
Beginne damit, dich selbst zu fragen.
Achte auf all die kleinen Situationen, in denen du vor der Wahl stehst:
Wem misst du mit deinem Verhalten gerade mehr Bedeutung bei – einer anderen Person? Was jemand anders dazu fühlt oder denkt, was du tust?
Oder misst du mit dir selbst, deinem Wohlbefinden, deiner Meinung mehr Bedeutung bei?
Das können Kleinigkeiten sein.
→ Es dir zur Gewohnheit zu machen, die fünf Sekunden Stille auszuhalten, um deine Gedanken zu sortieren, bevor du antwortest.
→ Gemeinsam mit deinem Pferd die Halle zu erkunden – in dessen Tempo – statt gleich mit der “richtigen Arbeit” loszulegen, nur weil die anderen schon gucken.
→ Nein zu sagen, wenn du eine Einladung lieber ablehnen möchtest, weil das Event gar nicht zu dir passt.
Mit jeder kleinen Handlung sagst du dir:
Ja, ich bin auch wichtig.
Ja, ich darf selbst entscheiden.
Du beweist dir, dass du nichts musst, nur weil andere das von dir erwarten. Nur weil andere das für normal halten.
Was ich dir mitgeben möchte
Um deinem Pferd auf Augenhöhe zu begegnen, wirst du in unzähligen kleinen
(“Ja, ich stopfe mein Pferd mit Keksen voll, wenn uns das so gefällt und was Adelheid die Allwissende dazu meint ist mir schnuppe”)
und großen
(“Nein, ich zentrifugiere mein Pferd nicht vier Mal die Woche für eine halbe Stunde an der Longe, weil die Tierärztin meint, dass es wieder zugenommen hat”)
Situationen entscheiden müssen, dass dein Gefühl zählt.
Dass du fähig bist zu entscheiden.
Dass viele Meinungen von anderen nicht zählen.
Denn auch wenn du den Rat anderer annimmst, entscheidest immer noch du. Bist immer noch du es, die/der die Verantwortung für dein Pferd trägt.
Du triffst (bewusst oder unbewusst) die Entscheidung, wessen Meinung zählt.
Wenn du deinem Pferd mehr Raum für seinen eigenen Willen gibst, schlägst du eine ganz neue Richtung für euch beide ein. Eine Richtung, in der es noch immer wenig Vorbilder und Lehrer*innen gibt. Und wie überall im Leben wird es Situationen geben, in denen du nicht weißt, was du da eigentlich tust.
Andere werden das sehen und dich zurückhalten wollen. Und du wirst sehr uncool aufstehen und zum Mülleimer gehen 😏.
Weil es in Wahrheit auch nicht angenehmer ist, deinen Müll weiter auf den Boden zu werfen. Weil es in Wahrheit auch nicht besser ist, weiter dazuzugehören, wenn du dafür deinem Pferd mit mehr Härte begegnen musst, als du willst.
Dein Selbstbewusstsein in Mülleimermomenten
Je sicherer dir du dir in dem bist, was du tust, desto leichter wird es in Mülleimermomenten, dir selbst und deinem Weg treu zu bleiben. Wenn du dir zu 100% sicher bist, dass du das aus deiner Sicht und für deinen Weg richtige tust, ist es leicht. Leicht, dabei zu bleiben. Leicht, deinem Pferd gegenüber nicht in alte Muster zurückzufallen, wenn ihr beobachtet werdet.
Wenn du die Blicke der anderen endlich mit einem Schulterzucken weglächeln willst, komm mit uns ins Klarheitsgespräch. In anderthalb Stunden finden wir heraus, was die nächsten Schritte für dich und dein Pferd sind. Wie du eure Themen ohne Härte auflösen kannst.
Damit du immer spürst:
Ich bin auf dem richtigen Weg.
Mein Gefühl zählt.
Alle Infos zum Klarheitsgespräch 🌿
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