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Dein Pferd sanft ausbilden: 5 Werkzeuge (+ Praxisbeispiele), die du unbedingt brauchst

Du willst dein Pferd nicht zwingen. Dich nicht gegen seinen Willen durchsetzen müssen. Oder dir ständig Gedanken darüber machen, ob dein Pferd etwas tun darf oder ob dieses Verhalten jetzt wieder respektlos ist. Vor allem nicht, wenn dein Pferd dabei die Nüstern kraus zieht und mit den Zähnen knirscht.

Was du dir eigentlich wünschst:
 

Liebevoll mit deinem Pferd umgehen zu können.

 
Dafür hast du doch eigentlich ein Pferd: Um eine freundschaftliche Beziehung zu führen. Um dich verbunden zu fühlen ❤️. Um gemeinsam Freude zu erleben.

Nicht um ständig miteinander zu kämpfen.

Deshalb möchte ich dir heute DIE fünf Werkzeuge an die Hand geben. Wenn du dein Pferd sanft ausbilden willst, sind diese fünf Ansätze DER Gamechanger.

Also: Text lesen, Werkzeuge verstehen, im Umgang mit deinem Pferd umsetzen. Und voilà 🌿 – du musst nicht länger mit deinem Pferd ausfechten, wer das Sagen hat.
 
 

Welche Art „WERKZEUGE“ brauchst du, um dein Pferd sanft auszubilden?

Um dein Pferd sanft auszubilden, brauchst du Konzepte, Prinzipien und Ansätze. Das sind die Werkzeuge:

Wie du denkst.
Nach welchen Prinzipien und Zielen du handelst.
Welche Vorgehensweisen du wählst.

Im Folgenden stelle ich dir die wichtigsten Prinzipien der sanften Pferdeausbildung vor. Inklusive praktischer Beispiele, damit du sie gleich anwenden kannst 🥾.
 
 

Auf einen Blick: Was sind die wichtigsten Konzepte, Prinzipien und Ansätze im sanften Pferdetraining?

  • Bedürfnisorientierung
  • Kompromisse
  • Die vier Quadranten
  • Der Kreislauf der Motivation
  • Innere Entwicklung

All diese Punkte greifen ineinander. Am stärksten wirken sie, wenn du sie kombinierst. In den Praxisbeispielen zeige ich dir, wie das aussehen kann.
 
 

Die entscheidende Frage: Wie motivierst du dein Pferd?

Vereinfacht gesagt versucht jede Trainingsmethode EINE Frage zu beantworten:

Wie bringt man Pferde dazu, das zu tun, was man will?

Wollen wir ein Pferd sanft ausbilden, ist das natürlich nicht unser einziges Ziel. Ebenso wichtig ist uns, dass das Pferd ehrlich Ja zu dem sagen kann, was wir fragen. Dass wir nicht zu unserem Vergnügen vom Pferd verlangen, was es nicht leisten kann oder will.

Wir bleiben für diesen Artikel dennoch bei dieser einfachen Frage und beschäftigen uns damit, welche Antwort die sanfte Pferdeausbildung darauf gibt.

Sanftheit als Wert sagt uns, dass wir auf verschiedene Möglichkeiten verzichten sollten, die in anderen Trainingsmethoden oft Alltag sind: Zwang, Strafe, Durchsetzen, Gewalt…

➡️ Wie kannst du dein Pferd ohne diese Mittel motivieren?

Lass uns eine wichtige Voraussetzung klären, bevor wir diese Frage beantworten.
 

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Womit in der sanften Pferdeausbildung alles beginnt

Egal, wonach du fragst, dein Pferd muss die Frage überhaupt in deinem Sinne beantworten KÖNNEN!

Es muss körperlich, mental und emotional dazu in der Lage sein.

Dem kann einiges im Weg stehen:

  • ungestillte Grundbedürfnisse
  • Schmerzen
  • Stress
  • fehlendes Verständnis

Hinterfrage diese Punkte und räume sie aus dem Weg. Und zwar bevor du dir Gedanken darüber machst, weshalb es deinem Pferd an Motivation mangelt.

Sobald der Weg frei ist – und dein Pferd in der Lage ist, sich entsprechend deiner Frage zu verhalten – kannst du die folgenden sanften Werkzeuge einsetzen.
 
 

1. Bedürfnisorientierung

Was passiert, wenn du nur deine eigenen Ziele im Blick hast? Du arbeitest gegen dein Pferd. Dadurch löst du Widerstand aus. Der Umgang fühlt sich wie ein Kampf an.

Dein Pferd kämpft für das was ihm wichtig ist. Und du für das, was dir wichtig ist.
 

→ Wenn ihr nicht dasselbe wollt, kommt es zu Auseinandersetzungen.

 
Ob das der Fall ist, kannst du leicht feststellen:

Beobachte, wie oft du deinem Pferd ein Nein kommunizierst. Nein, mach das nicht. Nein, lass das. Nein, hör auf damit. Nein, nein, nein…

Wenn du dich in dieser Haltung wiederfindest, liegt dein Fokus zu sehr auf deinen eigenen Zielen. Die Ziele deines Pferdes spielen in eurem Miteinander eine untergeordnete Rolle.

Was hat dein Pferd davon, mit dir zusammenzuarbeiten? Was braucht und will dein Pferd gerade?
 
 

Dein Pferd sanft ausbilden: Das bedeutet, auch auf die Ziele deines Pferdes einzugehen

In jeder Situation mit deinem Pferd spielen dessen Bedürfnisse eine Rolle.

🧚🏻 Wichtig ist, dass du nicht nur die großen Bedürfnisse wie Hunger, Sicherheit, Bewegung und körperliches Wohlbefinden wahrnimmst.

Warum?

Es kann sein, dass dein Pferd satt ist, sich durch die Haltungsform frei bewegen kann, sich in der Trainingsumgebung sicher fühlt und körperlich gesund ist. Die Grundbedürfnisse sind erfüllt.

Aber, dein Pferd hat zusätzlich kleine Wünsche, Ideen und Ziele. Diese Bedürfnisse entstehen akut im Moment. Und meist sind sie es, die DEINEN Zielen in einer Situation entgegenstehen.

Achte darauf, welche kleinen Ideen, Wünsche und Bedürfnisse dein Pferd gerade jetzt hat:

Möchte es stehenbleiben und sich auf dem Spaziergang etwas näher anschauen?

Findet es genau diese Äste besonders lecker und würde gern daran knabbern?

Ist deinem Pferd gerade danach anzutraben oder sich mal auszubuckeln?

Hat es eine gute Stelle entdeckt, um sich zu wälzen?

Wäre es für dein Pferd angenehmer, einen größeren Zirkel zu gehen?

Entscheidend ist nicht, dass du zu jeder Idee Ja sagst! Denn dann macht ihr ganz schnell nur noch, was deinem Pferd gerade gefällt und du bist gefrustet, weil deine Ziele komplett außen vor bleiben.

Das Ziel:

Versuche, so oft wie möglich Ja zu den Ideen zu sagen. Orientiere dich an den großen und kleinen Bedürfnissen deines Pferdes. Berücksichtige, was deinem Pferd gerade wichtig ist.

Es geht darum zu sagen: “Ja, dass können wir AUCH machen”.
 

Schaffe Raum für euer beider Wünsche.

 
 

Praxisbeispiel „Bedürfnisorientierung“: Wie dein Pferd lernt, am Putzplatz stillzustehen

Um Bedürfnisorientierung in der Praxis umzusetzen, lautet die erste Frage:

Was sind die relevanten großen Bedürfnisse des Pferdes in dieser Situation?

Relevant sind immer die Bedürfnisse, die durch die Situation gefährdet sind. Beim Anbinden am Putzplatz wäre das z.B. das Sicherheitsbedürfnis – die Umgebung im Blick zu haben und jederzeit Flüchten (sich frei bewegen) zu können.

Meist kommen noch kleinere Ideen und Handlungsimpulse hinzu, die das Verhalten antreiben: Das kann die Idee sein, den Putzkasten näher zu untersuchen (= auseinanderzunehmen 😅) oder der Impuls, gegen Druck im Genick anzuziehen, wenn der Strick sich spannt.

Wir sprechen später noch genauer über die innere Entwicklung des Pferdes. Hier nur so viel: Die innere Entwicklung ist die grundlegende Schlussfolgerung, die dein Pferd aus einer Erfahrung ziehen soll und die Fähigkeit, die es entwickeln soll, um gut mit dieser Situation umzugehen.

Die innere Entwicklung, um angebunden am Putzplatz stehen zu können beinhaltet folgende Punkte:

  • Handlungsimpulse unterdrücken können
  • Impulse loslassen können
  • verstehen, dass man angebunden, aber nicht gefangen ist
  • Nachgeben auf Druck
  • am Putzplatz entspannen können

Bedürfnisorientierung und innere Entwicklung gehen Hand in Hand.

Du kannst Ja zu den Bedürfnissen und Ideen deines Pferdes in einem ungünstigen Moment sagen, z.B. kannst du dein Pferd losmachen und es sich bewegen lassen, wenn es anfängt rumzutänzeln. Was passiert aber, wenn du das wieder und wieder machst? Du verhinderst, dass dein Pferd lernt, seine ersten Handlungsimpulse zu kontrollieren, loszulassen und sich zu entspannen. Um sich entspannen zu lernen, muss dein Pferd auch die Gelegenheit bekommen, Anspannung zu erleben und zu regulieren.

Wenn du dein Pferd losbindest, sobald es weggehen, sich umdrehen, den Putzkasten untersuchen möchte, hast du dich zwar an seinen Bedürfnissen orientiert.
 

Aber du hast die notwendige innere Entwicklung verhindert.

 
Was wären in dieser Situation also günstigere Momente, um Ja zu den Ideen deines Pferdes zu sagen? Wenn es sich anspannt, aber dabei kurz innehält (z.B. seinen ersten Impuls gegen den Strick zu gehen, kontrolliert). Wenn es in seiner Mimik wieder weicher wird, sich etwas runterfährt. Wenn es sich dir zuwendet und dir zuhört.

Diese Prozesse begleitest du. Und du stimmst dein Timing darauf ab. Du orientierst dich an den Bedürfnissen deines Pferdes – aber so, dass dein Pferd dadurch lernt, die Aufgabe besser zu bewältigen (z.B. indem du das Loslassen oder Nachgeben deines Pferdes damit verknüpfst, dass ihr gemeinsam eine Runde über den Hof geht, bevor ihr mit der Aufgabe weitermacht).

So. Werkzeug Nummer 1 hast du in der Tasche. Dann lass uns die nächste Wunderwaffe anschauen – damit es nicht nur um das geht, was dein Pferd sich wünscht 🧚🏻.
 
 

2. Kompromisse

Das vorige Praxisbeispiel hat eines verdeutlicht: Oft haben Pferd und Mensch entgegengesetzte Ziele. Es geht also nicht darum, dass sich alles nur noch um das dreht, was dein Pferd gerade will.

Dadurch stellt sich die Frage, weshalb dein Pferd sich auf deine Idee einlassen sollte?

Die einfache Antwort: Weil das dazu führt, dass ihr der Idee deines Pferdes nachgeht.
 

Ihr bekommt beide euren Willen – aber nicht zu 100%. Ein Kompromiss.

 
Um diesen Ansatz besser zu verstehen, möchte ich dir das Tür-Prinzip näherbringen:
 
 

Das Tür-Prinzip für die sanfte Pferdeausbildung

Pferde machen manchmal sehr deutlich, was gerade ihr Ziel ist:
“Ich will JETZT genau da hingehen”, “Ich will JETZT genau hier fressen”, “Ich will SOFORT zurück zur Herde”…

Es gibt Situationen, in denen lasse ich das einfach zu. Wann immer unsere Interaktion auf der freiwilligen Mitarbeit des Pferdes aufbaut, darf es tun, wonach ihm ist. Dann ist es meine Aufgabe, mein Pferd von meinen Ideen zu überzeugen.

Es gibt aber Situationen, in denen für uns beide eine Regel gilt:
 

Wir sind miteinander hier und wir sind aneinander gebunden.

 
Weder ich, noch mein Pferd kann für sich allein entscheiden. Denn jede Entscheidung etwas zu tun oder zu unterlassen beeinflusst direkt das Gegenüber – weil unser Gegenüber nicht einfach weg kann.

Das ist immer dann der Fall, wenn wir durch ein Seil physisch verbunden sind. Wenn wir im Gelände unterwegs sind noch viel mehr, als wenn wir uns in der Reitbahn befinden. Die Umgebung bestimmt die Regeln mit.

Übergeht oder ignoriert mein Pferd mich in so einer Situation, um an sein Ziel zu gelangen, mache ich die Tür SOFORT zu!

Was bedeutet es, die Tür zuzumachen?

Ich verhindere, dass mein Pferd auf direktem Weg an sein Ziel kommt. Nicht, weil es nicht an sein Ziel gelangen darf, sondern weil es sich nicht von mir entkoppeln darf, um dorthin zu gelangen.

Ich unterbreche den Handlungsimpuls des Pferdes. Zum Beispiel, indem ich die Hand um den Strick schließe oder indem ich mich dem Pferd in den Weg stelle oder indem ich abbiege. Dadurch kommuniziere ich sehr eindeutig: Nein, das ist nicht der Weg zum Ziel.

Sobald ich die Aufmerksamkeit des Pferdes habe, mache ich die Tür wieder auf. Ich lasse mein Pferd also wieder seine eigene Idee verfolgen.

Später kopple ich das Öffnen der Tür an bestimmte Antworten auf Fragen, die ich meinem Pferd stelle. Dadurch lernt das Pferd, dass es sich lohnt, sich auf Kompromisse einzulassen. Denn dadurch gelangt es am schnellsten zu seinem Ziel.

Wie sieht das in der Praxis aus?
 
 

Praxisbeispiel „Kompromisse“: Wenn dein Pferd auf Spaziergängen zum Gras zieht

Viele Menschen lassen ihre Pferde auf Spaziergängen gar nicht grasen. Warum? Weil die Pferde anfangen, sie zu ignorieren, zum Gras ziehen und man am Ende gar nicht mehr entspannt miteinander laufen kann.

Das bedeutet aber auch, dass auf diesen Spaziergängen für die Wünsche des Pferdes nicht viel Raum bleibt. In einer Beziehung auf Augenhöhe möchten wir einen Weg finden, beiden Seiten ihre Wünsche zu erfüllen.
 

Mit dem Tür-Prinzip kannst du dein Pferd grasen lassen, ohne dass es dich durch die Gegend zieht.

 
Dazu achte ich darauf, wann ich die Tür zum Gras öffnen kann und wann ich sie schließen muss. Mein Pferd soll mich nicht übergehen und zum Gras zieht. Also schließe ich die Tür, wann immer mein Pferd sich von mir entkoppelt. Dann hole ich mir die Aufmerksamkeit des Pferdes. Schaut es mich an und reagiert es auf mich? Super! Dann kann ich sofort die Tür öffnen und das Pferd zum Gras lassen.

Ich kopple das Bedürfnis des Pferdes nach Gras wieder an unsere Aufgabe: Miteinander zu kommunizieren und gemeinsam zu entscheiden.

Die innere Entwicklung:

Das Pferd lernt, dass es seinen Ideen nachgehen kann, wenn es sich mir zuwendet. Wenn es mit mir über diese Ideen kommuniziert. Es macht die Erfahrung, dass es sich lohnt, seine ersten Handlungsimpulse zu zügeln, nachzudenken und den Umweg über die Kommunikation mit dem Menschen zu gehen.

Die Verständigung kann mit der Zeit immer feiner werden, sodass sich beide Seiten trotz entgegengesetzter Ziele wohlfühlen.

Mit dem Tür-Prinzip nutzt du gleich mehrere Aspekte des nächsten Werkzeugs: Die vier Quadranten der operanten Konditionierung. Klingt nerdig. Ist aber Teil jeder Interaktion mit deinem Pferd 🌿.
 
 

3. Die vier Quadranten

Wie motivierst du dein Pferd sanft, mit dir zusammenzuarbeiten?

Zwei Punkte haben wir schon besprochen:

1. Indem du dich an seinen Bedürfnissen orientierst.
2. Indem du Kompromisse schaffst zwischen deinen Zielen und denen deines Pferdes.

Der dritte wichtige Punkt:

3. Indem du das Verhalten deines Pferdes mit entsprechenden Konsequenzen versiehst.

Damit sind wir beim großen Thema Lernverhalten. Wenn du dein Pferd sanft ausbilden möchtest, ist dieses Wissen unumgänglich!

Zwei Antriebe steuern grundsätzlich das Verhalten von Lebewesen:

Erstrebenswerte Konsequenzen erreichen oder auslösen zu wollen
und
unliebsame Konsequenzen vermeiden oder abstellen zu wollen.

Wenn Verhalten gezeigt wird, weil es zu bestimmten Konsequenzen führt, sprechen wir von operanter Konditionierung. Die operante Konditionierung versorgt uns mit vier Wegen, auf denen wir Pferde zu einem bestimmten Verhalten motivieren können:

Du kannst…

  1. eine erstrebenswerte Konsequenz zu dem Verhalten hinzufügen
  2. eine unliebsame Konsequenz durch das Verhalten abstellen
  3. eine unliebsame Konsequenz zu dem Verhalten hinzufügen
  4. eine erstrebenswerte Konsequenz infolge des Verhaltens entziehen

Wir kommen gleich noch dazu, wie das praktisch aussehen kann.
 
 

Wie Pferde durch operante Konditionierung lernen und motiviert werden

Diese vier Möglichkeiten sind die vier Quadranten der operanten Konditionierung.

Ausgangspunkt ist immer, dass dein Pferd ein bestimmtes Verhalten zeigt. Auf dieses Verhalten folgt eine Konsequenz. Je nach Art der Konsequenz verhält dein Pferd sich in Zukunft häufiger so – dann wurde das Verhalten verstärkt. Oder dein Pferd verhält sich seltener so – dann wurde das Verhalten gehemmt (bzw. gestraft).

Wenn das Verhalten verstärkt auftritt, sprechen wir von Verstärkung 🤓😁.

Es gibt zwei Arten von Verstärkung: Positive und negative. Diese Begriffe sind nicht wertend (also “gut” und “schlecht”) gemeint, sondern mathematisch.

Was genau passiert bei der positiven Verstärkung?

Das Verhalten führt dazu, dass ein erstrebenswerter Reiz erscheint. Darum wird das Verhalten in der entsprechenden Situation häufiger gezeigt.

Was passiert hingegen bei der negativen Verstärkung?

Das Verhalten führt dazu, dass ein unliebsamer Reiz aufhört. Darum wird das Verhalten in dieser Situation häufiger gezeigt.

Wenn das Verhalten hingegen weniger häufig oder weniger stark gezeigt wird, sprechen wir von Strafe. Hier haben wir erneut zwei Arten: Positive und negative Strafe (wieder mathematisch gemeint).

Was passiert bei positiver Strafe?

Das Verhalten führt dazu, dass ein unliebsamer Reiz erscheint. Deswegen wird das Verhalten in der entsprechenden Situation weniger gezeigt. Es wird gehemmt.

Was passiert bei negativer Strafe?

Das Verhalten führt dazu, dass ein erstrebenswerter Reiz verschwindet oder entzogen wird. Deswegen wird das Verhalten in der Situation weniger gezeigt.

Damit du dein Pferd erfolgreich mit operanter Konditionierung trainieren kannst, muss dein Pferd die Konsequenzen durch sein Verhalten steuern können. Auf das Verhalten, das du von deinem Pferd sehen willst, muss eine Konsequenz folgen, die dein Pferd anstrebt.

Was für dein Pferd erstrebenswert ist (siehe Bedürfnisorientierung) – entscheidet dein Pferd.
 

Dein Pferd entscheidet, was eine Belohnung ist und was nicht.

 
Prinzipiell kannst du jeden Quadranten nutzen, wenn du dein Pferd sanft ausbilden willst. Aber jeder Quadrant macht in der sanften Pferdeausbildung auch Probleme. Diese Probleme müssen wir verstehen, bevor wir darüber sprechen können, wie wir angenehme und unangenehme Reize im Sinne der Sanftheit einsetzen können.
 
 

Die Probleme mit den vier Quadranten, wenn du dein Pferd sanft ausbilden willst

Wenn wir möchten, dass unsere Pferde sich im Training wohl und gut fühlen, kann uns JEDER der vier Quadranten Probleme bereiten.

Positive Verstärker wie Futterlob können dazu führen, dass dein Pferd Stress bekommt.

Der Antrieb an das Leckerli zu kommen kann so stark sein, dass dein Pferd Verhalten kopflos abspult, übergriffig wird und dich in Gefahr bringt. Frust und Ärger entstehen, wenn deinem Pferd nicht klar ist, durch welches Verhalten es die erstrebenswerte Konsequenz auslöst. All das fühlt sich für dein Pferd nicht gut an und ist damit auch nicht mehr besonders sanft.

Bei negativer Verstärkung müssen wir hingegen erstmal einen unangenehmen Reiz hinzufügen. Erst dadurch wird dein Pferd motiviert (→ es will den Reiz abstellen). Die Sanftheit wird besonders gefährdet, wenn dein Pferd nicht auf einen milde nervigen (aber nicht wirklich stark unangenehmen Reiz) reagiert. Denn was musst du dann tun, um dennoch eine Reaktion von deinem Pferd zu bekommen?

Du musst den Reiz unangenehmer machen. Wir sprechen von eskalierendem Druck: Die Druckstufen werden so lange gesteigert, bis das Pferd schließlich doch reagiert. Hier sind wir beim Zwang – dem Pferd wird keine andere Wahl gelassen als zu reagieren. Auch das willst du wahrscheinlich nicht, wenn es dir wichtig ist, dein Pferd sanft auszubilden.

Auch bei positiver Strafe musst du einen unangenehmen Reiz hinzufügen.

Der Reiz muss so unangenehm sein, dass dein Pferd daraufhin sein Verhalten lieber unterlässt. Verhalten ist aber immer Ausdruck eines Bedürfnisses. Problematisch wird es, wenn das Bedürfnis zugleich bestehen bleibt. Dann unterdrückt dein Pferd seine ungestillten Bedürfnisse, statt sie dir zu kommunizieren. Wieder: Nicht besonders sanft.

Und schließlich die negative Strafe: Durch den Umgang mit dem Menschen wird Pferden von vornherein vieles verwehrt, was sie gern tun möchten. Die Möglichkeit, sich frei zu bewegen, zu fressen, in der Nähe ihrer Herde zu sein, zu dösen… Damit haben wir ohnehin eher das Problem, dass wir hier schon im Minus sind. Das Wohlgefühl des Pferdes ist oft von vornherein beeinträchtigt. Nun weitere erstrebenswerte Reize zu entziehen führt oft erstmal zu Verwirrung. Darauf folgt häufig Frust und schwindende grundlegende Motivation, überhaupt mit dem Menschen zu interagieren.

Außerdem: Solange du deinem Pferd nichts gibst, das es gern haben will (positive Verstärkung), kannst du auch nichts entziehen.

Eine wichtige Schwierigkeit betrifft alle Quadranten:

Dein Pferd muss möglichst schnell verstehen, wie Verhalten und Konsequenzen zusammenhängen. Also welche Handlung seinerseits zu welchem Ergebnis führt. Ansonsten entstehen Verwirrung, Frust und Motivationsverlust.
 
 

Kann operante Konditionierung überhaupt sanft sein?

Jeder Quadrant spielt im sanften Umgang mit Pferden eine Rolle. Auch wenn wir uns dessen nicht immer bewusst sind und nicht jeden Quadranten gezielt nutzen.

Und:

Keiner der Quadranten ist an sich sanft.

 
Sanft ist, so schnell wie möglich ein gutes Gefühl im Pferd zu ermöglichen. In jeder Situation. In Bezug auf jede Aufgabe.

Die entscheidende Frage ist also nicht, welchen Quadranten du nutzen solltest oder welchen du nicht nutzen darfst.

Die Frage ist: Wie musst du die Quadranten (im Zusammenspiel) einsetzen, um deinem Pferd und dir eine positive (Lern)Erfahrung zu ermöglichen, die zu einem guten Gefühl führt?

Zu welchem Zeitpunkt muss auf welches Verhalten welche Konsequenz in welcher Intensität und Dauer folgen? So, dass dein Pferd nicht einfach tut, was du sagst, sondern dass es sich dabei möglichst wohl fühlt.
 
 

Praxisbeispiel „Die vier Quadranten“: Wie dein Pferd lernt, auf deine feinen Signale zu reagieren

Nehmen wir an, du möchtest mit deinem Pferd in die gymnastizierende Kappzaumarbeit starten. Dann sollte das Führtraining sitzen. Was aber, wenn dein Pferd gar nicht auf deine feinen Signale reagiert?

Die vier Quadranten bieten verschiedene Möglichkeiten, um deinem Pferd diese feinen Reaktionen beizubringen (und das Pferd zur Mitarbeit zu motivieren).

Wie kannst du positive Verstärkung nutzen, um deinem Pferd beizubringen, auf deine feinen Signale zu reagieren?

Möchtest du positive Verstärkung nutzen, fügst du einen erstrebenswerten Reiz hinzu, wann immer dein Pferd ein Verhalten zeigt, dass sich dem angestrebten Verhalten annähert. Am praktischsten lässt sich dazu Futterlob einsetzen.

Wenn ich einem Pferd beibringen möchte, auf feine, leise Signale zu reagieren, bestätige ich die Momente, in denen es das schon tut. Momente, in denen es mich anschaut (denn Aufmerksamkeit ist immer die Voraussetzung). Momente, in denen es meiner Gewichtsverlagerung folgt. Momente, in denen es meine Bewegung spiegelt.

Pferde spiegeln uns ohnehin ständig. Wir müssen diese Momente nur entdecken und sie mit einer Belohnung (aus Sicht des Pferdes) versehen. Dann können wir sie auch bewusst erzeugen.

Wenn ich z.B. möchte, dass mein Pferd seine Kopfposition verändert, kann ich darauf warten, dass es von selbst auf die Idee kommt und dann clicken und füttern. Oder ich mache die Bewegung in meinem Körper vor – z.B. beuge ich mich leicht nach vorn und lade das Pferd so ein, sich etwas nach unten zu dehnen. Jede Idee in die gewünschte Richtung bestärke ich.

Wie könntest du negative Verstärkung einsetzen, damit dein Pferd lernt, auf deine feinen Signale zu reagieren?

Hier musst du zuerst einen aversiven (unangenehmen) Reiz hinzufügen. Diesen Reiz nimmst du SOFORT weg, wenn dein Pferd die gewünschte Antwort gibt.

Um die Kopfposition zu ändern, könntest du z.B. deine Hand aufs Genick des Pferdes legen und Druck ausüben.

Was machst du, wenn dein Pferd nicht reagiert?

Wenn dein Pferd ausschließlich über negative Verstärkung motiviert ist, wird es deine Hand vielleicht einfach ignorieren. Wieso? Es verspricht sich von einer Reaktion auf deine leisen Signale nicht grundsätzlich eine Belohnung.

Was musst du also tun? Du musst den Druck verstärken – also so unangenehm machen, dass dein Pferd zumindest eine kleine Reaktion in die richtige Richtung zeigt.

Entscheidend ist das Wegnehmen des Reizes im richtigen Moment. Denn das ist die Konsequenz, die dein Pferd anstrebt. Und damit die “Belohnung” für das gewünschte Verhalten. Lässt du die Hand auf dem Genick liegen, wenn dein Pferd seinen Kopf runternimmt, sucht es nach anderen Wegen, um dem Druck auszuweichen.

Wie entscheidest du dich für einen Quadranten?

Sanft ist es meiner Meinung nach, wenn das Pferd sich etwas positives von der Zusammenarbeit mit dem Menschen verspricht und nicht, wenn es fürchtet, dass der Mensch unangenehm wird. Deshalb motiviere ich Pferde am liebsten über positive Verstärkung.

Aber auch der Einsatz von negativer Verstärkung oder auch positiver Strafe kann das Erklären einer Aufgabe erleichtern. Stillstehen z.B. bringe ich lieber bei, indem ich das Pferd in seinen Rumhampel-Ansätzen unterbreche (positive Strafe), ihm mit negativer Verstärkung beibringe, Druck am Strick nachzugeben und mich ihm mit Stimmlob, Kraulen, oder Futterlob (wenn entspannt möglich) zuwende, sobald es ansatzweise zur Ruhe kommt (positive Verstärkung) und es auch wieder umhergehen lasse (Bedürfnisorientierung).

Je nach Typ des Pferdes passe ich das Vorgehen an, denn die Frage ist immer (!): Was braucht dieses individuelle Pferd, um möglichst schnell in ein gutes Gefühl zu finden, das diese Situation zu einer positiven Erfahrung macht?

Letztendlich begleitest du dein Pferd in seiner Lernerfahrung. Diese Erfahrung kann sehr komplex sein. Du musst im richtigen Moment das tun, was deinem Pferd gerade am meisten hilft, die Aufgabe zu verstehen und erfüllen zu können.

Eines ist entscheidend, wenn es um die langfristige Motivation deines Pferdes geht: Der Erfolg bei Erschaffen einer positiven Erfahrung. Wieso das so ist, erfährst du im nächsten Abschnitt.
 
 

4. Kreislauf der Motivation

Jede Interaktion mit dir kreiert eine Erfahrung für dein Pferd.

Das Ziel besteht darin, möglichst angenehme, positive Erfahrungen zu erschaffen.

Warum?

Weil positive gemeinsame Erfahrungen das Fundament eurer Beziehung sind. Die Aussicht auf positive Erfahrungen mit dir sorgt dafür, dass dein Pferd grundsätzlich motiviert ist. Dein Pferd hat positive Erwartungen daran, sich mit dir und den Aufgaben zu befassen.

🗝 Der Schlüssel für diese grundlegende Motivation:

Dass eure Interaktion wieder und wieder zu einem positiven Gefühl führt.

Das größte Hindernis:

Die meisten Pferde lernen, dass sie sich in der Interaktion mit dem Menschen nicht gut fühlen. Dass sie überfordert werden, sich über die Maßen anstrengen müssen, nicht gesehen werden oder ihnen sogar Schmerzen bereitet werden.

Es kann also sein, dass ihr hier schon mit einem großen Defizit startet, was die Grundmotivation deines Pferdes betrifft.

Dein Pferd startet dann mit negativen Erwartungen in jedes Training. Häufige Symptome sind Folgende:

  • dein Pferd lässt sich nicht gern einfangen
  • es wendet sich von dir ab, wenn du zu ihm gehst
  • es ist im Training triebig, abgelenkt oder hektisch
  • es widersetzt sich bei alltäglichen Aufgaben
  • es hat kein Strahlen in den Augen, sondern einen niedergeschlagene Ausdruck

Ist das bei deinem Pferd der Fall, kann es dauern, bis es eine positive Erwartung an die Zeit mit dir entwickelt. Wichtig ist, deine eigenen Interessen eine Zeit lang hinten anzustellen.
 

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Die entscheidende Frage: Wie erschaffst du in deinem Pferd ein positives Gefühl?

Dazu musst du:

1. Die relevanten Bedürfnisse deines Pferdes beachten: Was ist deinem Pferd in der Situation wichtig?
2. Geeignete Kompromisse finden, die die Ziele deines Pferdes besonders anfangs nicht zu sehr einschränken.
3. Die vier Quadranten so einsetzen, dass dein Pferd die Aufgabe möglichst schnell versteht und erfolgreich bewältigt.

All diese Punkte haben wir schon besprochen. Es gibt aber noch eine entscheidende Frage, die du vorher beantworten solltest:

Welches positive Gefühl strebst du überhaupt an? Wie GENAU soll sich dein Pferd fühlen?

Du kannst nicht entscheiden, mit welchem Gefühl dein Pferd reagiert. Aber auf welches Gefühl du abzielst beeinflusst den Trainingsansatz.

Der Affekt (das grundlegende Gefühl) des Pferdes kann anhand von zwei Dimensionen beschrieben werden:

Valenz (Wertigkeit) = angenehm (positiv) – unangenehm (negativ)
Erregung/Aktivierung = hoch – niedrig

Je nach Aufgabe strebe ich einen anderen Affekt beim Pferd an.

Hier ein paar Beispiele:

  • für die Longenarbeit wünsche ich mir an erster Stelle hohe Erregung – denn die brauche ich, damit mein Pferd bereit ist, sich auch flotter zu bewegen – und zumindest leichte positive Valenz (also die Bewertung als machbar, auch wenn die Aufgabe herausfordernd ist)
  • für das Stehen am Putzplatz strebe ich neutrale bis positive Valenz an – denn das Pferd muss nicht in Begeisterungssprünge ausbrechen, wenn es im Alltag am Putzplatz stehen soll – und lege den Fokus auf niedrige Erregung, weil Entspannung und innere Ruhe es für das Pferd enorm erleichtert, einfach dazustehen
  • für Spaziergänge ziele ich auf einen schnellen Wechsel zwischen positiver und negativer Valenz und hoher und mittlerer Erregung ab – die meisten Pferde sind im Gelände nicht tiefenentspannt und das ist okay – stattdessen fokussiere ich hier die Fähigkeit des Pferdes, seine Aufregung zu regulieren und von unangenehmer Anspannung zu interessierter Erwartung zu wechseln

Mein Ziel ist selten einfach, dass das Pferd Spaß hat oder Freude empfindet. Stattdessen strebe ich den Affekt an, der das Pferd am besten bei der Aufgabe unterstützt. Denn dadurch entsteht ein Erfolgserlebnis und das entsprechende Gefühl.
 
 

Wie du bei deinem Pferd eine Aufwärtsspirale der Motivation in Gang setzt

Eine positive Erfahrung für dein Pferd kannst du erschaffen, indem du die Interaktion so gestaltest, dass

  • dein Pferd sich als selbstwirksam erlebt
  • du seine Neugier weckst
  • es die Gelegenheit bekommt, seinen Bedürfnissen nachzugehen
  • ihr gemeinsam eine interessante Aufgabe löst
  • ihr euch auf angenehme Art zusammen bewegt

Aus diesen Erfahrungen kann dein Pferd eine positive Schlussfolgerung ziehen. Die Zeit mit dir war spannend, lohnenswert, angenehm. Es hat sich bei dir wohlgefühlt, stolz, beachtet, herausgefordert.
 

Diese Schlussfolgerung ist die Erwartung, mit der dein Pferd in die nächste Trainingseinheit mit dir startet.

 
Mit der Zeit entsteht so ein großes Kontingent an gesammelten schönen Erfahrungen. Nicht nur die Motivation deines Pferdes für das Training steigt. Es verändert sich auch, wie es dich wahrnimmt. Mit welcher Einstellung es dir begegnet. Eure gesamte Beziehung entwickelt sich positiv.
 
 

Praxisbeispiel „Kreislauf der Motivation“: Umgang mit Angst davor abgespritzt zu werden

Nehmen wir an, dein Pferd hat Angst davor, abgespritzt zu werden. Der erste Schritt besteht wie immer darin, die Bedürfnisse und akuten Ziele des Pferdes zu erkennen:

Dein Pferd wird dem Wasser ausweichen wollen. Es wird der Situation entkommen, sich frei bewegen wollen.

Das größte Interesse deines Pferdes besteht in dem Moment also in der Kontrolle darüber, ob, wann und wie es mit dem Wasserstrahl in Berührung kommt.

Jetzt braucht es noch einen guten Grund, aus dem dein Pferd sich überhaupt mit dem Gedanken beschäftigen sollte, mit dem Wasser in Berührung zu kommen. Mit Futterlob kannst du hier die kleinsten Ideen deines Pferdes in die gewünschte Richtung bestärken.

Der Kompromiss besteht darin, dass du die Angst deines Pferdes respektierst und es nicht einfach abspritzt, bis es aufgibt und stehen bleibt. Im Gegenzug stellt dein Pferd sich der Aufgabe, sich überhaupt mit dem Wasserstrahl zu befassen. Selbst wenn das erstmal nur gedanklich ist.

Welches Gefühl, streben wir an?

Ich würde die niedrige Erregung (innere Ruhe, Gelassenheit, Regulation von Anspannung-Entspannung) fokussieren. Ein entspanntes Pferd lässt sich mit größerer Wahrscheinlichkeit auf eine beängstigende Aufgabe ein als ein aufgeregtes, ängstliches oder gar panisches.

Außerdem eine positive Valenz, die Richtung Neugier/Interesse geht. Denn ein Pferd, dass Interesse an einem Gegenstand oder einer Aufgabe hat, wird sich eher damit befassen als eines, das nur damit beschäftigt ist, wie es der Situation entkommen kann.

Das Gefühl von Selbstwirksamkeit (also Kontrolle über die Situation) wäre mir zusätzlich sehr wichtig! Dieses Gefühl ist in beängstigenden Situationen eine wichtige Voraussetzung. Es erleichtert deinem Pferd innere Ruhe zu entwickeln und den Mut zu finden, einen Schritt in die Situation hineinzugehen.

Wie erreiche ich diese Gefühle?

Ich gebe dem Pferd die Kontrolle über die Situation. Ich halte den Wasserstrahl so weit auf Abstand, dass mein Pferd noch ruhig stehen kann. Ich lobe das Pferd schon, wenn es einfach nur stehen bleibt – schon hier stellt es sich der Aufgabe.

Ich bestärke jeden Gedanken, den das Pferd in Richtung Wasserstrahl hat. Ich bestärke, wenn es den Wasserschlauch ansieht, ein Ohr oder den Kopf in die Richtung dreht, wenn es den Kopf senkt, das Gewicht näher zum Wasser verlagert oder sogar einen Schritt darauf zu macht. Außerdem entferne ich den Schlauch gern in den Momenten ein Stück, in denen das Pferd ihm näher kommt. Der beängstigende Gegenstand “flüchtet” vor dem Pferd. So mache ich dem Pferd Mut, sich dem Wasserstrahl selbstbestimmt zu nähern.

Wenn ich den Wasserstrahl näher zum Pferd bringen möchte, mache ich das im Zeitlupentempo. Sobald ich bemerke, dass das Pferd sich mehr anspannt, halte ich inne. Dadurch kann das Pferd kontrollieren, wie nah der Wasserstrahl kommt (Selbstwirksamkeit) und es bekommt die Gelegenheit, sich wieder zu entspannen (Regulation von Anspannung-Entspannung). Wieder bestärke ich das Pferd schon, wenn es nicht gleich flüchtet, sondern innehält.

Wenn du dich auf diese Weise an den angestrebten Gefühlen und Prozessen in deinem Pferd orientierst, wird es immer leichter, Probleme sanft zu lösen. Lass uns anschauen, warum dem so ist.
 
 

5. Innere Entwicklung – Sanftheit langfristig möglich machen

Normalerweise besteht das Endziel in der Pferdeausbildung im Verhalten. Willst du dein Pferd sanft ausbilden, solltest du Verhalten stattdessen als Indikator ansehen. Als Indikator für das, was IM Pferd vor sich geht.

Natürlich streben wir auch ein bestimmtes Verhalten an. Entscheidend ist aber, auf welchem Weg wir zu diesem Verhalten gelangen.

Das Vorgehen, das du wählst, sollte nicht nur lieb und nett sein (Vorsicht: Nettigkeitssyndrom). Es sollte nicht nur widerspiegeln, dass du dir eine Freundschaft mit deinem Pferd wünschst. Denn dadurch wird man häufig einfach nur nachgiebig und lässt das Pferd über die eigenen Grenzen trampeln.
 

Der Trainingsansatz soll eine innere Entwicklung in deinem Pferd anstoßen, die eurem Miteinander auf lange Sicht zuträglich ist.

 
Dein Pferd muss sich damit langfristig wohlfühlen. Du musst dich damit langfristig wohlfühlen. Und ihr müsst die jeweilige Aufgabe/Situation damit langfristig meistern können.

Wenn du mit deinem Pferd auf die beschriebene Weise an seiner Angst vor dem Wasserstrahl arbeitest, stößt du folgende Lernprozesse an:

  • innehalten, wenn etwas gruselig ist
  • Anspannung loslassen können
  • sich einer beängstigenden Situation stellen und sich einem gruseligen Gegenstand zuwenden 
  • die Erfahrung machen, dass man positiv auf den Verlauf einer herausfordernden Situation einwirken und sie erfolgreich bewältigen kann
  • Neugier, Mut und Gelassenheit erleben

All das sind Fähigkeiten und Ressourcen in deinem Pferd. Wenn dein Trainingsansatz auf solche Fähigkeiten und innere Ressourcen abzielt, wird dein Pferd darauf in Zukunft leichter zugreifen können. Es wird deinem Pferd leichter fallen, innezuhalten statt wegzulaufen. Es wird deinem Pferd leichter fallen, sich aktiv mit einer Aufgabe zu befassen, statt sich gedanklich wegzublenden.

Dadurch wird es sowohl für dein Pferd als auch für dich auf Dauer immer einfacher, schwierige Aufgaben mit Sanftheit zu bewältigen. Weil dein Pferd mutiger, aufmerksamer, gelassener, motivierter, aktiver, selbstsicherer und freudiger wird.
 
 

Die entscheidende Frage, mit der du die innere Entwicklung deines Pferdes gestaltest

Wenn du einen Trainingsansatz wählen oder entwerfen willst, stelle dir folgende Frage:

Was soll dein Pferd VERSTEHEN?

Interessant ist nicht, was dein Pferd TUN soll.

Verhalten ist nicht interessant.

Völlig verschiedene innere Prozesse können zu ein und demselben Verhalten führen! 

Dein Pferd kann seine Angst vor dem Wasserstrahl mittels Neugier, Affektregulation, Selbstwirksamkeit und Eigeninitiative bewältigen. Oder es kann aufgeben gegen die Situation anzukämpfen. In beiden Fällen steht dein Pferd am Ende still und lässt sich abspritzen. Aber was es über sich, über dich und über euer Miteinander in beängstigenden Situationen gelernt hat, ist grundverschieden.

Interessant ist also, auf welche Fähigkeiten und inneren Ressourcen dein Pferd zugreift. Und dafür muss dein Pferd meistens erstmal verstehen, dass es darauf zugreifen kann.

Lass uns die innere Entwicklung noch an einem zweiten Beispiel verdeutlichen.
 
 

Praxisbeispiel „Innere Entwicklung“: Innere Ruhe bei Futterlob vs. Stillstehen in Nullposition

Das Thema Futterlob in der sanften Pferdeausbildung habe ich mehrmals angesprochen. Ein häufig angebrachtes Gegenargument: Die Pferde sind durch das Futter zu abgelenkt und konzentrieren sich nicht mehr auf die eigentliche Aufgabe.

Aus meiner Erfahrung besteht die Wurzel des Problems darin, dass die Pferde gestresst sind. Sie versuchen mit aller Macht ans Futter zu kommen. Alles dreht sich darum, wie sie den Menschen dazu bringen können, ihnen endlich das Leckerli zu geben.

Die Leckerlies rufen eine starke Erregung hervor, die sich auch für die Pferde nicht unbedingt angenehm anfühlt. Dann haben wir zwar viel Motivation, die wir sogar für das Training nutzen könnten. Aber noch lange kein positives Gefühl.

Jetzt hast du zwei Möglichkeiten:

Du kannst deinem Pferd die Regeln der Futterhöflichkeit beibringen (das ist ohnehin zu empfehlen): Wie soll dein Pferd sich VERHALTEN, damit es Futter bekommt? Es soll ruhig dastehen. Mit allen vier Beinen auf dem Boden und dem Kopf geradeaus. Das ist die Nullposition.

Jetzt kannst du deinem Pferd immer dann ein Leckerli geben, wenn es dieses Verhalten zeigt.

Wozu führt es in den meisten Fällen, wenn wir das Verhalten isoliert von inneren Prozessen erarbeiten?

Das Pferd steht zwar ruhig da (und kann auch lernen, länger so dazustehen), aber es muss sich dafür zusammenreißen. Es muss seine Impulse kontrollieren. Das ist anstrengend.

Die starke Erregung ist also immer noch im Pferd aktiv (und bricht meistens früher oder später heraus) – es unterdrückt nur das Verhalten, zu dem diese Anspannung es zuvor angetrieben hat.

Was ist die zweite Möglichkeit?

Du stößt einen inneren Prozess an, in dem dein Pferd lernt den Gedanken ans Leckerli loszulassen, sich zu entspannen und dem Futter gegenüber eine innere Ruhe zu entwickeln.

Das mache ich ganz einfach, indem ich Leckerli von Beginn an nicht in ein angespanntes, gestresstes Pferd füttere.

Stattdessen assoziiere ich die Leckerli direkt mit innerer Ruhe. Weit bevor ich sie nutze, um ein futtergestresstes Pferd im Training zu motivieren.
 
 

Fazit – Die tägliche Umsetzung

Jetzt kennst du die fünf wichtigsten Werkzeuge für die sanfte Ausbildung deines Pferdes:

  1. Bedürfnisorientierung
  2. Kompromisse
  3. Die vier Quadranten
  4. Der Kreislauf der Motivation
  5. Innere Entwicklung

Die Schwierigkeit besteht darin, sie in eurem Alltag auch tatsächlich umzusetzen. Denn dazu musst du dich erstmal von euren bisherigen Vorgehensweisen und Mustern befreien.

Gerade zu Beginn ist es schwierig, den Wechsel zur Sanftheit zu machen, eben WEIL dein Pferd noch nicht grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber den Aufgaben ist, die du so mitbringst. Aber erstmal gilt es, dein Pferd auf deine Seite zu ziehen, statt dich einfach durchzusetzen.
 

Genug von Alltagskampf und Trainingszwang?

Lass uns das Miteinander mit deinem Pferd so sanft gestalten, wie es DIR gefällt.

Was braucht es wirklich, damit du nicht mehr wahlweise frustriert oder hilflos vom Stall nach Hause fahren musst??? 

Um das herauszufinden, müssen wir nicht mal im selben Bundesland wohnen, denn:

DU bist Expert*in für dein Pferd und dich. Und euren Weg.

Kombiniere das mit…

🌿 unseren 10+ Jahren Sanftheits-Erfahrung,
🌿 extra für sensible Pferdemenschen verfeinerte Werkzeuge&Techniken 
🌿 und der Kraft eines bewussten „Ich-gehe-das-JETZT-an“.

Und schon erschaffst du nach unserem Klarheitsgespräch ein Miteinander mit deinem Pferd, das sich nach sonnigen Oktobertagen und selig in Ponymähne vergrabener Nase anfühlt. 

(Bitte einmal tief einatmen und den Gedanken genießen, dass DAS euer neues Normal sein könnte 😍!)

Anderthalb Stunden mit uns, nach denen es dir so in den Fingern kribbelt, dass du am liebsten sofort zum Stall fahren würdest. „Äh, ich bin dann nochmal kurz am Stall 👋…“ (wir wissen beide, wo das endet – aber was soll’s, wenn du danach mit einem fetten Grinsen zu deinen Liebsten nach Hause zurückkommst 😅).


 

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