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Zu meiner Selbstliebe gehört Abgeben

Selbstliebe, also das wertschätzende Annehmen der eigenen Person, ist in aller Munde. Plötzlich fordern einen diverse Challenges dazu auf, sich mit sich selbst zu beschäftigen, die kleinen Makel mit einem liebenden Auge zu betrachten. Die Befreiung des Selbst von sämtlichen äußeren Zwängen und Abhängigkeiten ist einer der Schlüssel zur Selbstliebe, wenn man nach populären Auffassungen geht.
 

„Wer sich selbst liebt, braucht nichts und niemanden sonst zu seinem Glück.“

 
Als ich mich das erste Mal intensiver mit der Thematik beschäftigt habe ist mir schnell aufgefallen, dass ich eine starke Blockade gegenüber dem Konzept hatte. Etwas in mir hat sich dagegen gesträubt, den Gedanken wirklich zulassen zu können.

Nicht, dass ich ein grundsätzliches Problem mit mir selbst hätte. Ich mag sehr viele Dinge an mir sehr gerne und kann deshalb die meiste Zeit auch großzügig mit meinen Fehlern umgehen. Doch irgendwas hat mich immer aus der  Bahn geworfen, wenn ich mich bewusst mit dem Thema beschäftigt habe.
 

Schau hin, das bist nicht du!

 
Wenn diese Definition für mich nicht stimmig ist, dann… stimme ich wohl nicht mit dieser Auffassung von Selbstliebe überein!

In dem Moment, in dem mich diese Erkenntnis traf, war auf einmal jede Schwere verschluckt von Leichtigkeit.

Nicht nur als angehende Psychologin sondern auch einfach als fühlendes Wesen erscheinen mir Extreme jeglicher Art immer befremdlich. Selten finde ich am Ende einer Skala meine Wahrheit. Und so scheint es mir auch bei dem Thema Selbstliebe zu gehen.

Für mich persönlich ist es keine Option, den Gedanken an völlige Unabhängigkeit und absolute innerliche Stärke in mir weiter zu kultivieren, denn davon und von anderen modernen Fassaden sehe ich ohnehin schon genug in unserer Gesellschaft.

Stattdessen zeigt sich für mich sehr deutlich, dass es nicht nur innerliche Stärke ist, wenn man unabhängig und selbstbestimmt seinen Weg geht. Genauso dazu gehört für mich der Gegenspieler: Das Abgeben (hier gelangst du zu einem Artikel von Kati zu dem Thema)
 

Den Mut haben, auch mal verletzlich zu sein, statt sich selbst und andere mit einer vorgegaukelten Stärke zu täuschen – auch das ist Selbstliebe.

 
Das Gefühl, das mich immer von dem Konzept der Selbstliebe abgestoßen hat, war also die Vernachlässigung der bipolaren Natur eines jeden Menschen. Das bedeutet, dass Selbstliebe nur dann funktionieren kann, wenn wir auch die Möglichkeit haben, uns manchmal in der Nähe eines geliebten Wesens beschützt und verletzlich zu fühlen. Wenn uns das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit im Leben fehlt, wird es auch die Selbstliebe schwer haben.

Denn nicht jeder Tag ist dazu gemacht, die starke und in sich ruhende Seite des Selbst hervorzubringen. An manchen Tagen ist es auch einfach nötig, sich hinzugeben und Dinge abzugeben.

Diese Erkenntnis hilft mir auch sehr im Umgang mit Pferden. Denn manchmal ist es einfach nicht nötig, die unerschütterliche Führperson zu mimen wenn mir gerade eher danach ist, mich an die starke Pferdeschulter zu lehnen und einfach meinen Frieden dort zu genießen.

Mich daran zu erinnern, dass ich auch mal abgeben darf, nimmt mir den Druck, meiner Ansprüche an mich selbst. Dass Nathan auch mal Verantwortung tragen darf, befreit mich und lässt seine innere Stärke zum Vorschein kommen.

Ich bin nicht alleine mit den Aufgaben, die wir bewältigen müssen. Wir können das zusammen angehen. Und wenn jeder ein Stück des Päckchens trägt, ist der Rucksack für alle leichter. Diese Erkenntnis ist auch der Grund, warum ich glaube, dass jeder seine ganz eigene Form der Selbstliebe finden und ausformen darf.

Wie geht es dir damit?
 

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6 Comments


Christine Gref
7. Juni 2018 at 7:03
Reply

Einfach wunder-voll.


    Jana
    7. Juni 2018 at 8:55
    Reply

    Danke dir <3!

Sara
27. August 2018 at 10:06
Reply

Wow, das spricht mir grad aus der Seele. Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit Persönlichkeitsentwicklung und mein Freund lag mir auch schon öfters damit in den Ohren, dass ich mein Glück nicht von ihm abhängig machen soll, dass ich mich mehr selbst lieben soll. Aber so richtig konnte ich mich auch nicht damit identifizieren.


    Jana
    2. September 2018 at 17:23
    Reply

    Hallo liebe Sara!
    Schön, dass dir der Text gefallen hat. Das Konzept der Selbstliebe ist vielleicht eines der schwierigsten in der Persönlichkeitsentwicklung. Es hat einerseits tatsächlich damit zu tun sich selbst zu „lieben“, das bedeutet also grundsätzlich erstmal nur sich selbst gegenüber positiv eingestellt zu sein. Mit Narzissmus oder Selbstverherrlichung hat das nichts zu tun und sollte davon auf jeden Fall abgegrenzt werden. Die Idee dahinter ist grundsätzlich, dass durch das Erkennen des eigenen Selbstwertes erst eine wirkliche Beziehung auf Augenhöhe stattfinden kann. Erkennst du nicht, dass dir von Geburt an ein gewisser Wert innewohnt, der nicht verändert werden kann, dann wirst du in gewisser Weise von den Menschen abhängig, die dir bestätigen müssen, dass du diesen Wert hast. Das Problem: Du wirst es ihnen nie wirklich glauben. Erst in dem Moment, in dem du erkannt hast, dass dieser Wert NUR mit DIR zu tun hat und daher von niemanden bestätigt, gestärkt oder geschmälert werden kann, wirst du freier sein. Auf der anderen Seite, und darum geht es in meinem Beitrag, sollten wir aber nicht die uns geschenkte Freiheit mit Abkapselung verwechseln. Es geht darum, dass du grundsätzlich ein Bewusstsein darüber hast, dass DU in deinem Leben bestimmts. Dass du die treibende Kraft bist. Das bedeutet aber auch, dass du deine Beziehungen ganz individuell gestalten darfst. Bist du näheliebend oder mehr der unabhängige Typ? Beides ist vollkommen okay und es ist deine Aufgabe, dich um die Erfüllung dieser Bedürfnisse zu kümmern. Und genau das ist gelebte Selbstliebe. Im ersten Schritt machst du dir deinen Wert bewusst und danach richtest du dein Leben nach dem aus, was dir etwas bedeutet und dir wichtig ist. Ich hoffe, ich konnte dir ein paar Impuls mitgeben. Liebe Grüße!

Julia
22. August 2022 at 10:13
Reply

Ich stimme dir da so aus vollem Herzen zu!
Ich habe mich immer schon mit der Idee der alles kontrollierenden Chefpositionen des Menschen gegenüber dem Pferd gesträubt und genauso sträubt sich irgendwie alles in mir gegen die Idee der positiven Selbstliebe.
Aus meiner Sicht, und die ist die Folge langjähriger Erfahrung und vielen Lernstunden, sollte alles im Leben einen Ausgleich finden. Ein Extrem, wie du es passend benennst, sollte aus meiner Sicht keine dauerhafte Lösung sein. Dass wir uns in Phasen immer wieder den Extremen nähern, sehe ich als zwangsläufig an, da auch ein Ausharren im Gleichgewicht wiederum nicht unsere Natur entspricht.
So wie ich also manchmal voller Energy, Kontrolle und Organisation sowie Stress bin, um beispielsweise eine schwere Prüfung oder eine kräftezehrende Zeit zu überstehen, so bin ich phasenweise eben auch mal ausgelaugt, müde von der Welt und traurig und ziehe mich zurück. Solange sich solche Zustände abwechseln und keiner dauerhaft mein Leben bestimmt, ist es genau das, was ich benötige, um im Gleichklang mit dem Universum und meinem Selbst zu sein. Genauso darf sich meine Selbstliebe manchmal überschäumend zeigen, wenn ich mich wohl fühle, mich selbst feiere oder mir selbst auch mal für Gelungenes auf die Schulter klopfe (Selbtslob stinkt eben nicht immer und wir sollten es uns gönnen). Und wenn ich mich selbst grad mal nicht lieben will und mich blöd finde, oder hässlich oder mich über meine eigenen Taten ärgere, so gehört auch das zu mir und sollte gewärtschätzt werden. Wenn ich über mich selbst schimpfe, dann möchte ich vielleicht nicht immer jemanden, der mir sagt, ich solle doch das positive daran sehen und mich selbst mal lieben. Nein! Verdammt! Manchmal will ich mich eben scheiße finden! Und das bitte auch mal laut sagen dürfen!
Und genauso wie ich zu meinem Pferd gehe und ihm Halt biete und mich um ihn sorge und ihm sage, wie toll er ist, darf es auch mal andersherum sein. Dann bin ich bei ihm und brauche seinen Halt und er ist da und stützt mich und passt auf mich auf. Ein Geben und nehmen, dass eben zur Natur und zum Sein auf dieser Welt dazu gehört. Wir hassen und wir lieben, wir leben und wir träumen, wir müssen tief aufatmen oder uns stockt der Atem, wir brauchen die Sonne wie den Mond und das Licht und die Dunkelheit. Solange alles ähnlich starke Ausschläge hat und wieder zur Mitte zurück findet, sollten wir es uns gönnen und erlauben uns auch mal nicht lieben zu dürfen.


    Anni
    27. August 2022 at 14:47
    Reply

    So so schön gesagt 😍!

    Gleichgewicht erfordert manchmal vielleicht auch, dass wir von einem Extrem ein bisschen zu weit ins andere schwanken. Um dann nach und nach die Mitte zu finden und dort immer leichter zu verweilen. Und eben nicht, zwanghaft die Pole zu vermeiden.

    An erster Stelle steht das authentische Gefühl. Wenn positives Denken bedeutet, dieses Gefühl zu verleugnen, dann ist es wertlos. Dann ist es besser, ehrlich zu sagen, dass ich mich blöd finde, als diesen Gedanken zu verstecken und mir Affirmationen vorzubeten, wie schön und toll ich doch bin.

    Um dann im nächsten Schritt dieses Gefühl näher anzuschauen, die Gedanken zu hinterfragen und vielleicht das ein oder andere Wörtchen anzufügen. Es macht für mich z.B. einen großen Unterschied zu fühlen, dass ich grundsätzlich doof/unfähig/xyz bin oder ob ich das jetzt gerade so empfinde. Es macht einen großen Unterschied, ob ich dieses Urteil als dauerhaft oder situationsgebunden ansehe. Ob ich es auf mein Handeln, mein Denken, meine Vergangenheit oder meine Persönlichkeit… attribuiere. Und das lässt sich häufig verändern.

    Für mich ist das Selbstliebe: Mir die Mühe zu machen, kleine Veränderungen in meinem Denken und Handeln vorzunehmen, durch die ich mir selbst gegenüber sanfter bin 🌿. Und nicht einfach in einer schönen Farbe über die dunklen Seiten drüber zu pinseln.

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