Wenn es eine Sache gibt, die ich nicht vermitteln will, dann ist das:
❌ Du musst IMMER sanft sein.
Denn wenn “sanft” für dich (wie für mich) bedeutet, Rücksicht auf andere zu nehmen, die Gefühle anderer zu schützen, sichere Erfahrungen zu erschaffen – dann kann “sanft zu anderen” ganz schnell “rücksichtslos mit dir selbst” bedeuten.
Rücksichtslos mit dir selbst zu sein – oder andere (wie dein Pferd) mit dir rücksichtslos sein zu lassen – macht dich mürbe. Kratzt an den Grenzen, die dich schützen, bis sie irgendwann zusammenbrechen und du aus der Haut fährst 🧨.
Weil nicht wichtig genommen wird, was wichtig ist:
Wie es dir damit geht.
Es ist wichtig, wie du dich fühlst. Mit dem Verhalten deines Pferdes dir gegenüber. Steht das Wohlbefinden deines Pferdes allein im Mittelpunkt, kannst du deine eigenen Bedürfnisse vielleicht eine Zeit ignorieren. Bis sie dir mit aller Wucht wieder bewusst werden. Aber dann ist es zu spät.
Du bist schon explodiert 💥.
Zurück bleibt ein schlechtes Gewissen und das Gefühl, nicht gut genug zu sein.
Wenn du verstehst, wie es soweit kommt, kannst du die Explosion verhindern.
Wieso Sanftheit aufhört sanft zu sein, wenn sie deine Grenzen überschreitet
Wenn du deinem Pferd gegenüber aus der Haut fährst, ist vorher wahrscheinlich Folgendes abgelaufen:
Dein Pferd macht etwas, das dich stört
- Es kommt dir zu nah.
- Es schubbert sich an dir.
- Es schubst dich.
- Es drängt dich mit der Schulter weg.
- Es schnappt nach dir.
- Es überholt immer wieder.
In der „Respektloses-Pferd“-Reihe schreibe ich über dir Ursachen für und den Umgang mit rüpeligem Verhalten. Hier kannst du mehr erfahren:
Weshalb dein Pferd sich rüpelig, gefährlich oder respektlos verhält
Wieso dein Pferd dich umrempelt und dir ständig zu nah kommt
Wie du mit deinem rüpeligen Pferd einen achtsamen Umgang etablierst
Bodenarbeitsübungen fürs achtsame Miteinander mit rüpeligen Pferden
Vielleicht lässt du dein Pferd erstmal machen, in der Hoffnung, dass es bald von selbst damit aufhören wird (was auch oft der Fall ist). Hört dein Pferd aber nicht einfach auf, zerrt das früher oder später an deinen Nerven.
Im Bestreben sanft bleiben zu wollen, kommunizieren wir dann meist ganz leise und vorsichtig: “Nein, mach das bitte nicht 🙏”. Viermal, fünfmal, vielleicht zwanzig Mal. Und vielleicht denkst du dir am Ende: “Dann mach halt, ist ja nicht so wild…”.
Lieber lässt du das Verhalten deines Pferdes über dich ergehen, als wieder streng und grob zu werden 🤍.
Aber mit jedem Mal, wo dein Pferd nicht auf dich achtet und einfach weiter macht, kratzt etwas an deiner Grenze. Bis du schließlich explodierst – deinem Pferd gegenüber laut wirst, vielleicht sogar handgreiflich und unfair.
Dass deine Grenzen immer und immer wieder übergangen wurden, hat dich mürbe gemacht.
Aber das ist nicht alles…
Die ganze Zeit warst du lieb und nett zu deinem Pferd. Du hast darauf geachtet, dass es deinem Pferd mit dir gut geht. Dich angestrengt, immer achtsam zu sein. Aber während du rücksichtsvoll warst, hat dein Pferd dich nicht auf dieselbe Art beachtet.
⚠️ Wichtig an dieser Stelle:
Es ist nicht Aufgabe deines Pferdes, von sich aus rücksichtsvoll zu sein.
Nicht einmal andere Menschen können uns an der Stirn ablesen, wie wir behandelt werden möchten. Wir formen das Verhalten anderer mit unserem eigenen Verhalten (formen – nicht steuern). Das gilt auch mit unseren Pferden.
An diesem Punkt ist euer Miteinander aus dem Gleichgewicht geraten. Weil du den Wunsch oder das Bedürfnis deines Pferdes über deine eigenen Grenzen gestellt hast. Sanftheit kann nur funktionieren, wenn ihr beide euer Miteinander als sanft erlebt.
Es ist an dir, dafür Sorge zu tragen, dass auch deine Grenzen geachtet werden.
Worum es bei Grenzen wirklich geht
Deine Grenzen zu wahren hat nichts damit zu tun, dein Pferd in seine Schranken zu verweisen. Deine Grenzen sind DEINE Grenzen. Unabhängig von deinem Pferd. Unabhängig von Dominanzgedanken, Rangordnung oder Kontrolle.
Es geht bei diesen Grenzen nicht ums Prinzip. Und auch nicht um Konsequenz.
Es geht um Gefühl.
Um dein Gefühl.
(Ebenso wie es zugleich auch um das Gefühl deines Pferdes – also um seine Grenzen – geht.)
Du darfst dein Wohlbefinden schützen. Am besten, bevor du explodieren musst. Es geht nicht nur um dein Pferd. Ihr habt BEIDE Sanftheit verdient!
Also:
✍️ Wie kannst du die Situation anders gestalten, sodass euer beider Grenzen VON VORNHEREIN geachtet werden?
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